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Unternehmen neu gedacht  

Im Wettbewerb mit den grossen Beratungsunternehmen treten kleinere, meist inhaberge­führte Dienstleister immer öfter im Rahmen von Beraternetz­werken auf. Durch solche Kooperationen eröffnet sich die Möglichkeit, Gesamtlösungen für komplexe Probleme anzubieten. Voraussetzung ist eine persönliche und fachliche Vertrauensbasis unter den beteiligten Netzwerkpartnern. 

Die Partnerschaften sind schnell besiegelt und rechtlich in der Regel als einfache Gesellschaften zu qualifizieren. Wie aber verhält es sich mit der Haftung? Welche Rechtsbeziehungen entstehen durch die Ausführung von Aufträgen im Rahmen von Beraternetzwerken und wie sehen die wichtigsten Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Klärung der Haftungsfrage aus?

Die Innenbeziehungen zwischen den Netzwerkpartnern

Da gegenüber dem Auftraggeber (Aussenbeziehung) eine solidarische Haftung drohen kann, sollte unter den Netzwerkpartnern (Innenbeziehung) eine Aufteilung der Verantwortlichkeiten und Risiken vereinbart werden. Dabei kommen eine einzelfallbezogene Regelung, aber auch eine generelle Kooperationsvereinbarung in Betracht. Letztere hat den Vorteil, dass die Grundlagen der Kooperation verbindlich abgestimmt sind und für alle Projekte gelten. Allerdings können die Flexibilität und unternehmerische Freiheit teilweise verloren gehen. 


Vielfach wird es versäumt, eindeutige Regelungen zu treffen, sodass im Streitfall erst geklärt werden muss, welche Rechtsbeziehungen bestehen und welche Rechte und Pflichten sich daraus ableiten lassen. Wie hoch die Risiken sind, hängt ent­scheidend von den Rechtsbeziehungen zum Auftrag­geber ab.


Gegenstand einer solchen Kooperationsvereinbarung sollten typischerweise sein:

  • die Klärung der Haftungsfrage 
  • die Verteilung von Zuständigkeiten
  • die Bestimmung von Verfahren zur gegenseitigen Information und Einbeziehung in Aufträge
  • die Festlegung von Unterstützungs­pflichten
  • die Aufteilung der Erlöse und
  • Regelungen über die Beendigung der Kooperation

Werden bei einem Auftrag alle Netzwerkpartner unmittelbare Vertragspartner des Mandanten, ist zu klären, wer die Federführung gegenüber dem Auftraggeber übernimmt. Es muss also vorab vereinbart werden, wer rechtlich relevante Erklärungen, wie z.B. die Erweiterung des Auftragsgegenstands oder die Kündigung des Vertrags, abgeben darf und wer die Leistungen in Rechnung stellt.

Vereinbarungen fehlen häufig

Erfahrungsgemäss verfügen die wenigsten Beraternetzwerke über solche Grundvereinbarungen. Dies liegt zum Teil daran, dass eine Netzwerkbildung häufig «evolutionär» verläuft. Für einen konkreten Auftrag finden Partner zusammen, der Auftrag wird abgewickelt, und man ist mit dem Ergebnis und der Zusammenarbeit zufrieden. Man findet ein weiteres Mal zusammen, das Ganze wiederholt sich. Mit der Zeit institutionalisiert sich die Zusammenarbeit und das Netzwerk ist entstanden. Die Strukturen wachsen jedoch nicht mit den Aufträgen und Aufgaben, weshalb auch etablierte Netzwerkbeziehungen vielfach keine geregelten Abläufe aufweisen.

Im Vergleich zu dieser schrittweisen, quasi intuitiven Netzwerkbildung kommt die bewusste und von Beginn an geplante Form der Zusammenarbeit seltener vor. Gerade kleinere Beratungsunternehmen suchen nicht gezielt nach einem Partner für die gemeinsame Abwicklung von Aufträgen. Vertragliche Regelungen bilden die Ausnahme, denn die beteiligten Unternehmen streben primär nach unternehmerischer Freiheit und wollen sich nicht überorganisieren.

Die Aussenbeziehungen zu den ­Auftraggebern

Es ist äusserst relevant, wer Vertragspartner des Auftraggebers wird. Dies kann einer der beteiligten Berater, aber auch mehrere oder alle Netzwerkpartner sein. Wer bei nicht korrekter Ausführung des Auftrages primärer Haftpflichtiger wird, hängt von der Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen ab. 

Es gibt zwei Szenarien: 

  • Ein Berater ist alleiniger Vertragspartner des Auftraggebers, die Netzwerkpartner sind seine Unterbeauftragten. Sie stehen in keiner vertraglichen Beziehung zum Auftraggeber, für ihn sind sie als Dienstleister auch nicht erkennbar.
  • Jeder Berater begründet sein eigenes Auftragsverhältnis zum Kunden und nimmt seine Rechte und Pflichten grundsätzlich nur im Rahmen dieses Vertrags wahr. Diese Form der Netzwerkzusammenarbeit ist zu empfehlen.

In der Praxis wünscht der Mandant zwar nur einen Ansprechpartner für das Gesamtprojekt. Aber auch bei mehreren Vertragsverhältnissen kann einer der Vertragspartner die Schnittstelle zwischen Kunde und Netzwerkpartnern sein und so eine kundenfreundliche, bilaterale Kommunikation gewährleisten. 

Wenn etwas schiefläuft

Vielfach wird es versäumt, eindeutige Regelungen zu treffen, sodass erst im Streitfall geklärt werden muss, welche Rechtsbeziehungen bestehen und welche Rechte und Pflichten sich daraus ableiten lassen. Häufig kennen die Netzwerkpartner die Versicherungssituation der anderen Berater nicht, was insbesondere dann verheerende Auswirkungen hat, wenn sie gegenüber dem Auftraggeber solidarisch haften. Wie hoch die rechtlichen Risiken sind, hängt entscheidend von den Rechtsbeziehungen zum Auftraggeber ab. In der Praxis ist der einfache Auftrag am häufigsten anzutreffen.

Haftung beim einfachen Auftrag 

Der Beauftragte haftet in diesem Fall für die ordnungsgemässe Ausführung des Auftrages. Er hat diesen nach bestem Wissen und Gewissen und nach dem Stand der aktuellen Kenntnisse und Technologien zu erfüllen. Im Unterschied zum Werkvertrag ist bei einem einfachen Auftrag jedoch nicht der Erfolg geschuldet. So kann sich der Beauftragte oftmals schadlos halten, wenn er den Nachweis der sorgfältigen und gewissenhaften Auftragserfüllung erbringen kann. 

Nur einen Ansprechpartner

Dem Wunsch des Auftraggebers, für umfassende Projekte lediglich einen Ansprechpartner zu haben, kann auch entsprochen werden, wenn jeder Berater ein separates Auftragsverhältnis mit ihm eingeht, für die Kommunikation jedoch ein Netzwerkpartner bestimmt wird. Damit wird das Haftungspotenzial der einzelnen Berater deutlich minimiert, und insbesondere die nicht berechenbare Solidarhaftung entfällt. Somit gilt: «Drum prüfe, wer sich bindet … und wie er dies tut!» 

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