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Unternehmen neu gedacht  

Nachhaltigkeitsberichterstattung II: Was kommt auf uns zu?

Antike Arena von oben

Die EU verfolgt mit der Einführung der Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) das Ziel, die nicht-finanzielle Berichterstattung zu revidieren und auszubauen. Der Kreis der betroffenen Unternehmen wird erweitert, die Berichterstattungspflicht vereinheitlicht, Nachhaltigkeitsinformationen in den Lagebericht integriert und eine externe Prüfungspflicht eingeführt. Damit vergleichbare und zuverlässige Nachhaltigkeitsinformationen offengelegt werden, kommen die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zur Anwendung. Diese sollen in Zukunft auch vereinfachte freiwillige Standards für nicht börsenkotierte KMU mit 250 Mitarbeitenden und mehr beinhalten.

Im ursprünglichen Grundsatz geht es bei der Nachhaltigkeit darum, «die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden». In der Wirtschaft und Regulierung dominiert aktuell der Begriff «ESG»: Unternehmen sind angehalten, die Umweltauswirkungen und ökologische Aspekte (Environment) sowie die sozialen Auswirkungen ihres Handelns auf die Gesellschaft (Social) zu durchleuchten und mit einer dafür notwendigen, verantwortungsbewussten Unternehmensführung und -kontrolle (Governance) umzusetzen.

Die Schweiz kennt aktuell obligationenrechtliche Bestimmungen in den Art. 964 ff. OR mit Regelungen zur jährlichen Berichterstattung für Sorgfalt und Transparenz in nichtfinanziellen Belangen, Rohstoffunternehmen sowie Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit. Sie orientieren sich im Wesentlichen an EU- und internationalen Richtlinien. Zurzeit läuft eine Vernehmlassung, die voraussichtlich im Juli 2024 eine Vorlage präsentieren wird. Diese soll u.a. eine Herabsetzung des Schwellenwerts für die Berichterstattungspflicht von 500 auf 250 Mitarbeitende beinhalten.

Die nationalen und internationalen Entwicklungen zeigen, dass sich Schweizer KMU mit der Nachhaltigkeit befassen müssen. Dies hat u.a. auch der Expertenverband «EXPERTsuisse» (Expertenverband für Wirtschaftsprüfung, Treuhand und Steuern) festgestellt und für seine Mitglieder einen Leitfaden herausgegeben. Er soll helfen, nachhaltigere Strategien und Geschäftsmodelle zu entwickeln, wie auch das Controlling und die Berichterstattung darauf auszurichten. Zudem sollen für die bessere Glaubwürdigkeit von nichtfinanziellen Informationen unabhängige Prüfungsdienstleistungen angeboten werden.

Fünf Schritte der Transformation

Die Umsetzung der Nachhaltigkeit in einem Unternehmen bedarf eines Transformationsprozesses. In Anlehnung an den Leitfaden von EXPERTsuisse können folgende Schritte erfolgen:

1. Klärung Ausgangslage, Bestandesaufnahme

Bei jedem Projekt gilt es als erstes eine Bestandesaufnahme und Klärung der Ausgangslage zu erstellen. Was gibt es bereits zur Nachhaltigkeit im Unternehmen, ist sie bereits verankert? Welche Handlungsfelder können identifiziert werden? Unterliegt die Unternehmung einer Regulierung und Berichtspflicht aufgrund nationaler, internationaler oder Branchenrichtlinien?

2. Wesentlichkeitsanalyse, Chancen- und Risikoanalyse

Dabei geht es um die Identifizierung der Anspruchsgruppen der Unternehmung und der relevanten Nachhaltigkeitsthemen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance. Welchen direkten und indirekten Einfluss hat die Geschäftstätigkeit der Unternehmung auf die Nachhaltigkeitsthemen, und welchen externen Einfluss haben die Nachhaltigkeitsthemen auf das Geschäftsmodell? Daraus ergeben sich Chancen und Risiken für die Unternehmung.

3. Strategieprogramm inkl. Datenerhebung

In einem dritten Schritt geht es um die Umsetzung der prioritären Nachhaltigkeitsthemen und -ziele sowie deren Integration in die bestehende Unternehmensstrategie. Das Ganze geht nicht ohne eine entsprechend organisierte Datenerhebung und -sammlung.

4. Umsetzung im Unternehmen, Controlling, interne Kommunikation

Angemessene Massnahmen, Projekte und Ressourcen sind nötig, damit die Nachhaltigkeitsstrategie im Unternehmen umgesetzt werden kann. Dies bedarf nebst organisatorischen Massnahmen insbesondere auch einer Information und Motivation der Mitarbeitenden. Für eine erfolgreiche Umsetzung bedarf es auch einer Kontrolle der Zielerreichung. Für die einzelnen Nachhaltigkeitsziele können dazu quantitative oder qualitative Indikatoren festgelegt werden.

5. Nachhaltigkeitsberichterstattung und externe Kommunikation

Schliesslich geht es um die externe Kommunikation und die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei der Berichterstattung ist es wichtig bereits bestehende oder noch kommende Anforderungen von Regulatorien oder Standards zu berücksichtigen.

Welche Standards gelten (noch nicht)?

Es gilt schon zu Beginn zu prüfen, ob die Unternehmung aufgrund von Grössen- oder anderen Kriterien einer Berichtspflicht gemäss internationalen Standards unterliegt. Aktuell sind dies z.Bsp. die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die Standards des International Sustainability Standards Board (ISSB) oder die Standards/das Rahmenkonzept der Global Reporting Initiative (GRI). Die Berichtspflicht kann direkt erfolgen oder indirekt, aufgrund der Zugehörigkeit in Liefer- und Wertschöpfungsketten bestehender Branchen und Märkte.

In der Schweiz besteht noch keine Pflicht zur Anwendung eines Standards. Die internationalen Standards werden sich aber weiterentwickeln, harmonisieren und auf die eine oder andere Art auch in der Schweiz Fuss fassen. Eine Standardisierung führt zu besserer Transparenz, Glaubwürdigkeit und Vergleichbarkeit.

Die Nachhaltigkeit in Schweizer KMU ist nicht mehr wegzudenken. Die weitere Entwicklung der internationalen Standards und Regulatorien wird auch die Umsetzung und Berichterstattung der Nachhaltigkeit in Schweizer KMU von der «Kür» in die «Pflicht» führen.

Quellen:
EXPERTsuisse Leitfaden der Nachhaltigkeit / 
Expert Focus Dezember 2023: Nachhaltigkeitsberichterstattung – Eine Standortbestimmung

Antike Arena von oben

Beispiel eines Dienstleistungsbetriebs

Ein Bestandteil der Berichterstattung ist die Publikation von qualitativen Indikatoren in den Hauptbereichen Umwelt, Soziales und Governance. So kann z. B. eine Unternehmung im Dienstleistungssektor folgende Indikatoren publizieren:

Ökologie: Strom- / Energieverbrauch der Büroräumlichkeiten, der Fahrzeugflotte oder der IT-Infrastruktur, Treibhausgasemissionen der Geschäftstätigkeit (unterteilt in drei Levels «Scope 1-3 Emissionen»), Papierverbrauch pro Mitarbeitenden

Soziales: Fluktuationsrate / Aus- und Weiterbildungstage pro Mitarbeitenden / Lohngleichheitsanalyse Mann und Frau / Frauenanteil Mitarbeitende / Krankheitstage pro Mitarbeitenden

Governance: Nachhaltigkeitsrichtlinien in Strategiepapieren des Verwaltungsrats / Nachhaltigkeitsreporting an Verwaltungsrat / Nachhaltigkeitsziele für GL-Mitglieder / Kontrolle und Überwachung Nachhaltigkeitsziele

Die Kalkulation der Indikatoren sollte dabei transparent, nachvollziehbar und über mehrere Perioden vergleichbar sein.

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