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Unternehmen neu gedacht  

Strategisches Branding als Aufgabe des Verwaltungsrates

Heisses Brandeisen wird auf das Pferd gepresst

Die wichtigste unübertragbare und unentziehbare Aufgabe des Verwaltungsrates ist die Oberleitung der entsprechenden Aktiengesellschaft (Art. 716a OR). Damit ist hauptsächlich die Pflicht verbunden, die Ziele der Unternehmung mit den zur Verfügung stehenden Mitteln in Übereinstimmung zu bringen und die Organisation entsprechend auszugestalten. Dazu gehören die strategischen Ziele sowie die Strategie zu deren Erreichung, aber auch die Markenstrategie (Branding). Das anonymisierte Beispiel einer Unternehmensgruppe in der Baunebenbranche dient als Beispiel*.

Nach der Identitätsanalyse aufgrund der Markenherkunft, der -vision, der -kompetenzen, der -werte, der -persönlichkeit sowie der -leistung sind die Markenziele zu definieren. Diese müssen messbar sein, d.h. nach Inhalt, Ausmass, Zeit und Zielgruppe formuliert werden. Eine Markenzielsetzung kann beispielsweise für den Markt Aareland eine fünfprozentige Steigerung (Ausmass) der Markenbekanntheit (Inhalt) der Serviceabteilung eines Sanitärinstallationsunternehmens bei allen Hausbesitzern (Zielgruppe) innerhalb von einem Jahr (Zeit) sein.

Was hat der Kunde von meiner Marke?

Welcher Nutzen soll der angesprochenen Zielgruppe vermittelt werden? Die Entwicklung und Vermittlung des Nutzenversprechens müssen mit den eigenen Ressourcen und Kompetenzen möglich sein. Die Markenpositionierung sollte folgende Kriterien erfüllen:

  • Verhaltensrelevanz: Das Nutzenversprechen muss die wichtigen Bedürfnisse der angesprochenen Zielgruppen, z.B. Hauseigentümer oder Immobilienverwaltungen, befriedigen.
  • Differenzierung: Die Marke muss sich über einen längeren Zeitraum hinweg im Qualitätsversprechen von Wettbewerbsmarken unterscheiden. In einer
    Serviceabteilung kann dies beispielsweise mit einer 7×24-Stunden-Verfügbarkeit oder einer Reaktionszeit bei Schadenfällen von unter 60 Minuten geschehen.
  • Identifikation: Die Mitarbeitenden der Unternehmung müssen sich mit dem Markennutzenversprechen identifizieren und es durch ihre tägliche Arbeit nach aussen tragen.
  • Erlebnis: Der Markennutzen muss erlebbar sein, am besten durch bildhafte Informationen, da Menschen grundsätzlich visuelle Botschaften besonders gut aufnehmen.
  • Echtheit: Das Nutzenversprechen muss authentisch, kontinuierlich und reproduzierbar eingelöst werden.

Eine oder mehrere Marken?

Bei mehreren Marken in einer Unternehmung ist die Markenführung zu koordinieren. Eine mögliche Gliederung erfolgt entlang der verschiedenen Geschäftsfelder, beispielsweise Betonrückbau oder Kanalsanierung. Dabei kann ein Marktsegment mit einer Einzelmarken- oder einer Mehrmarkenstrategie bearbeitet werden. Die Vorteile der Einzelmarkenstrategie liegen beim geringeren Koordinationsbedarf und der Fokussierung auf eine authentische Marke mit exklusiver Ressourcen- und Kompetenzzuteilung. Ein Risiko besteht darin, dass die Einzelmarke zur Bezeichnung der Produktgattung werden kann (z.B. «Tempo» Taschentücher) und dadurch konkurrierende, verwechselbare Marken angezogen werden.

Eine Mehrmarkenstrategie bringt eine bessere Marktausschöpfung, da unterschiedliche Kundenbedürfnisse durch verschiedene Marken bzw. Firmen besser befriedigt werden. Der private Bausektor ist in der Schweiz nach wie vor stark regional geprägt und vernetzt, was für eine Mehrmarkenstrategie spricht. Insbesondere eigentümergeführte KMU haben die Tendenz, Aufträge an ebenfalls lokal verankerte Unternehmen zu vergeben. Weil die Marktabdeckung so grösser ist, wird auch der Markteintritt potenzieller Konkurrenten erschwert. Die Abwanderung von allfälligen Markenwechslern erfolgt möglicherweise innerhalb der gleichen Unternehmensgruppe, gleichzeitig wird der interne Wettbewerb zwischen den verschiedenen Marken gefördert. Schlussendlich erfolgt eine Risikoverteilung auf mehrere Schultern, falls eine ihr Nutzenversprechen nicht halten kann. Es kann eine gewisse Kannibalisierung der eigenen Marktanteile geben, da sich die verschiedenen Marken gegenseitig substituieren. Die Mehrmarkenstrategie verlangt tendenziell auch höhere personelle und finanzielle Ressourcen, da mehrere Marken positioniert und differenziert werden müssen.

Eine Marke muss sich entwickeln (können)

Die Markenentwicklung beschäftigt sich mit dem ganzen Lebenszyklus einer Marke. Die Markenstrategie muss sich ändernde Marktbedingungen, gesellschaftliche Rahmenbedingungen und unternehmerische Anforderungen berücksichtigen. Eine Markenkonsolidierung kann aufgrund einer Marktsättigung oder von Rentabilitätsdruck notwendig werden. Als Handlungsoptionen stehen der sofortige Rückzug, die Abschöpfung (Desinvestition), die Fokussierung auf eine Marke oder die Markenmigration (Rebranding) zur Verfügung. «Raider heisst jetzt Twix – sonst ändert sich nix!» gilt heute als Klassiker.

Eine Markenerweiterung hat zum Ziel, die positiven Eigenschaften einer Marke mit neuen Nutzenversprechen zu verknüpfen und somit neue Märkte zu erschliessen. Mit einer Markenausdehnung wird eine Marke in gleiche oder verwandte Produkt- oder Dienstleistungskategorien übertragen. So können z.B. nebst dem kontrollierten Betonrückbau auch allgemeine Abbrucharbeiten erbracht werden. Unter Markentransfer versteht man die Expansion einer Marke in neue, bisher nicht angebotene Dienstleistungen. Dies wäre dann der Fall, wenn nebst Sanitär- und Heizungsinstallationsarbeiten auch Elektroinstallationen ausgeführt würden. Schlussendlich bezeichnet die geographische Expansion die Ausweitung der Markenführung auf neue Absatzregionen, beispielsweise die Ausdehnung des kontrollierten Betonrückbaus auf die gesamte Westschweiz.

Was nichts kostet, ist …

Im Rahmen der Markenbudgetierung ist im normalen Prozess der finanziellen Führung zu entscheiden, wie viele finanziellen Ressourcen für jede Marke zur Verfügung stehen. Das Markenbudget weist jeder Marke die finanziellen Mittel zur Erreichung ihrer Ziele zu und übernimmt mittels Kostenkontrolle gleichzeitig eine Steuerungs- und Koordinationsaufgabe.

Markenentwicklung ist Chefsache

Der Verwaltungsrat gibt der Geschäftsleitung die Markenziele, -positionierung und -führung als Leitlinien (WAS), jedoch nicht als konkrete Handlungsanweisungen (WIE) vor. Die Markenentwicklung muss periodisch überprüft und die Erreichung der Markenziele zusammen mit der Festlegung des Markenbudgets jährlich kontrolliert werden.

Begrifflichkeiten

Als Branding (von engl. «brand» = Marke) bezeichnet man den strategischen Aufbau einer Marke durch gezielte Strategien. Der Begriff Branding kommt ursprünglich aus der Viehzucht und bezeichnet das Anbringen von Brandzeichen auf Vieh, um sie als Eigentum zu kennzeichnen.

Die Marke ist ein Wort-, Bild- und Hörzeichen, das der Individualisierung sowie Differenzierung einer unternehmerischen (Dienst-) Leistung dient, eine Wertvorstellung vermittelt und idealerweise eine emotionale Bindung aufbaut und verankert, um so die Wiedererkennung zu erleichtern. Die Marke besitzt daher eine Identifikations-, Image-, Orientierungs- und Prestigefunktion. Üblicherweise ist eine Marke ein geschütztes Zeichen oder eine Firma (Name eines Unternehmens), darf also von Dritten nicht einfach verwendet werden. Nach schweizerischem Recht gilt als Marke ein Zeichen, das geeignet ist, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Marke muss geeignet sein, als Unterscheidungsmerkmal im Geschäftsverkehr zu dienen.

*Diese Ausführungen über strategische Markenführung basieren auf dem Buch von CHRISTOPH BURMANN/TILO HALASZO-VICH/MICHAEL SCHADE/KRISTINA KLEIN/RICO PIEHLER, Identitätsbasierte Markenführung: Grundlagen Strategie – Umsetzung – Controlling, Aufl., Wiesbaden 2021, S. 69 ff.

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