Vertrauen: Kolumne

«Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.»
Die Herkunft dieser Redewendung kann nicht belegt werden. Es ist überliefert, dass sie von Lenin stammen soll. Es handelt sich dabei wohl am ehesten um eine Abwandlung des russischen Sprichworts «Vertraue, aber prüfe nach», nach welchem Lenin gearbeitet hat. Aber: Was ist an dieser Aussage dran? Schliesst Kontrolle das Vertrauen aus?
Vertrauen ist unser soziales Kapital. Nicht selten wird Vertrauen mit Vertrauen vergolten, beruht also auf Gegenseitigkeit. Es ist nichts anderes als eine unausgesprochene gegenseitige Vereinbarung. Unser Zusammenleben basiert darauf und würde ohne Vertrauensvorschuss in die Menschen nicht funktionieren. Aber: Wer Vertrauen ausstrahlen will, braucht Vertrauen in sich selbst.
Wann vertrauen die Mitarbeitenden ihrem Chef?
Wer als Vorgesetzter
- für die Mitarbeitenden da ist, auch wenn er grossem Stress ausgesetzt ist,
- den Mitarbeitenden zuhört, ohne noch gleichzeitig die Mails zu prüfen,
- andere im Lichte glänzen lässt und nicht immer selber an erster Stelle stehen muss,
- schwierige Themen, Lob und Kritik in einem persönlichen Gespräch und nicht per Mail oder Brief regelt,
- zuhört, anstatt immer selber zu reden,
- seine eigenen Werte und Interessen offenlegt,
- delegiert und kontrolliert,
- seinen Mitarbeitenden ein zeitnahes Feedback gibt,
- durch das eigene Verhalten Mitarbeitende fördert,
dem wird von den Mitarbeitenden in der Regel grosses Vertrauen entgegengebracht. Wer als Führungsperson Loyalität von den Mitarbeitenden erwartet, dem müssen die Mitarbeitenden vertrauen können.
Warum ist Vertrauen gegenüber den Mitarbeitenden wichtig?
Vertrauen bindet Mitarbeitende und führt zu intrinsischer Motivation. Sie können sich auf ihre Arbeit konzentrieren, sind also effizienter. Vertrauen fördert zudem die Kreativität und damit die Innovationskraft. Das alles kommt am Ende dem ganzen Unternehmen zugute und kann, richtig eingesetzt, den Unternehmenserfolg steigern.
Gerade die neueren Managementprodukte setzen Vertrauen in die Mitarbeitenden voraus: Gruppenarbeit, flache Hierarchien, Vertrauensarbeitszeit, Selbstorganisation oder auch Home-Office sind konkrete Umsetzungsbeispiele dafür.
Kann man verlorenes Vertrauen wiederherstellen?
Ja, das kann man. Wer will, dass man ihm wieder vertraut, muss zeigen, dass er sein Verhalten ändern kann. Fehler müssen konsequent eingestanden und dürfen unter keinen Umständen bagatellisiert werden. Die Wiederherstellung von Vertrauen braucht aber Zeit. Zu hohe Erwartungen und Ungeduld sind für die Betroffenen frustrierend.
Und was ist jetzt mit der Kontrolle?
Das Gegenteil von Vertrauen ist nicht – wie häufig angenommen – Kontrolle, sondern Misstrauen. Bei einem Vertrauensmissbrauch wird man misstrauisch. Zwar führt der Vertrauensverlust bzw. das Misstrauen oft zu verstärkter Kontrolle. Diese schliesst jedoch Vertrauen nicht kategorisch aus. Im Gegenteil: Die Kontrolle ist dem Vertrauen ebenbürtig und eine wichtige Komponente der Zusammenarbeit.