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Unternehmen neu gedacht  

Die Digital Natives brauchen keinen Chef

Sie sind die Heraus­forderung für Unternehmen: die Generation Z, die Digital Natives, die Millennials. Die Bezeichnungen für die junge Generation klingen ziemlich cool. Doch wodurch zeichnet sich die «Next Gen» aus, die zunehmend den Arbeitsmarkt bevölkert? Klar ist: Wer die Jungen führen will, muss wissen, wie sie ticken.

Wer vor zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahren geboren wurde, hat nie eine Welt ohne Internet und ohne Smartphone gekannt. Schon in jungen Jahren stand der Generation der Millennials die Welt offen. Wenigstens die virtuelle. Die Jungen sind es gewohnt, sich über das Weltgeschehen zu informieren, wann, wie und wo sie wollen. Abwarten und Geduld haben? Sicher nicht, denn alles ist immer und überall vorhanden und vor allem sofort verfügbar. Man muss nur googeln — dass alles mit der Community geteilt wird, ist klar.

Weil das Internet als Netzwerk aufgebaut ist, sind für die Digital Natives Konzepte wie «Hierarchie» eher unverständlich. Sich in Prozesse einzuordnen, ist schwierig. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass ein 19-jähriger Topshot meint: «Für eine klassische Karriere habe ich keine Zeit. Ich will nicht 20 Jahre warten, bis ich selbst entscheiden kann. Ich will jetzt tun und lassen können, was ich für richtig halte.»

Hohe Ansprüche an Führungskräfte

So wie die Wertestrukturen der Youngsters anders sind, sind es auch ihre Ansprüche an Unternehmen. Die Generation der jungen Fachkräfte gibt sich nicht mit der Aussicht auf eine Karriere und einen guten Lohn in ferner Zukunft zufrieden. Es ist ihnen wichtig, schon heute Sinn an der Arbeit zu finden, eigene Ideen zu verwirklichen und Verantwortung zu übernehmen. Sie brauchen zwar Unterstützung, doch sie wollen die Dinge auf ihre Art angehen. Was ihnen besonders am Herzen liegt, sind Anerkennung und Wertschätzung. Doch wie lobt man als Vorgesetzter einen Youngster, der für jeden Insta­gram-Post 1000 Likes erhält? Jonas, einer meiner Young Innovators, hat es so ausgedrückt: «Mich überzeugt die Startup­-Kultur. Nicht wegen der vermeintlich coolen Garagenatmosphäre. Nein, es geht uns Jungen um die unkomplizierte Zusammenarbeit. Einfach mal etwas ausprobieren können. Und vor allem um die ehrliche Fehlerkultur.»

Beim Selbermachen unterstützen

Welche Führung ist heute in der Lage, mit diesen Ansprüchen umzugehen? Die hohe Motivation und das Know-how der Generation Z in produktive Bahnen zu leiten? Mit Sicherheit ist das klassische Führungsverständnis «delegieren und kontrollieren» nicht mehr zeitgemäss. Ebenso wenig funktionieren zu viele Hierarchien und umständliche Entscheidungswege nach dem Prinzip «oben wird entschieden, unten ausgeführt». Vielmehr scheint eine Form von Leadership passend zu sein, die Mitarbeitende aus der Generation Z dabei unterstützt, die Dinge selber zu tun. Man könnte eine solche Führungskraft eher als Coach oder Mentor denn als Vorgesetzten bezeichnen. Sie geht auf die Individualität der Mitarbeitenden ein und ermutigt sie, eigenverantwortlich neue Wege zu gehen. Eine solche Führungskraft verfügt über hohe Selbst- und Sozialkompetenz. Diese Führungskraft ist sich bewusst, dass man die Komplexität unserer Zeit nur als Team erfolgreich meistern kann. Deshalb ist es die Rolle der Führung, Teams zu besserer Zusammenarbeit zu befähigen. Diese Führungskraft gewinnt ihre Autorität nicht durch ihre Position, sondern erwirbt die Legitimation, zu führen, durch ihre fachliche und menschliche Kompetenz. Ihre Persönlichkeit ist entscheidend. Es gibt Unternehmen, die Führung, wie wir sie heute kennen, sogar komplett abgeschafft haben. In solchen Unternehmen findet man keine Chefs, sondern nur selbstorganisierte Teams. Das hat seinen guten Grund: Der Markt und die ständig wechselnden Kundenbedürfnisse sind dermassen schnell und komplex, dass rigide Systeme nicht mehr fähig sind, mitzuhalten. Das Internet wie auch die Natur machen es uns vor: Je höher die Komplexität, desto netzwerkartiger organisieren sich Systeme.

Erfolgreich mit dem digitalen Wandel umgehen

Aus diesem Grund bin ich der Ansicht, dass wir die Frage nach dem Umgang mit der jungen Generation umformulieren müssen. Wir sollten uns fragen, wie wir mit der Diversität der Mitarbeitenden und den Folgen der Digitalisierung im Allgemeinen umgehen. Die junge Generation ist nur ein Abbild der immer schnelleren und komplexeren Welt. Am Umgang mit der Generation Z zeigt sich die Fähigkeit von Unternehmen, mit dem beschleunigten Wandel umzugehen und erfolgreich in die Zukunft zu gehen.

Der Wandel im Kontext der Digitalisierung zwingt uns, neue Wege zu gehen. Denn auch in der Schweiz ist der Fachkräftemangel akut. Unternehmen können es sich nicht mehr leisten, für die individuellen Anforderungen der Mitarbeitenden nur standardisierte Lösungen zu bieten. Ein Freund und CEO eines Betriebs mit über 15 000 Mitarbeitenden hat es so ausgedrückt: «Egal, was die Ansprüche unserer Fachkräfte sind, wir müssen eine individualisierte Antwort darauf parat haben. Sonst suchen sie sich einen anderen Arbeitgeber, der sie noch so gerne abwirbt.»

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