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Unternehmen neu gedacht  

Digitales Netzwerken für
 Introvertierte

Fast die Hälfte der Menschheit ist introvertiert. Es scheint nur so, als seien es weniger, weil Introvertierte einfach weniger auffallen. Oft sehen diejenigen besser aus, die durchsetzungsstark erscheinen, aktiv und zupackend wirken und von lauter tollen Menschen umgeben sind. Die Extrovertierten. Doch ganz so einfach ist es nicht. Einige der spannendsten Menschen dieses Planeten sind introvertiert: Nobelpreisträger, Politikerinnen, Autoren, Wirtschaftsgrössen, Spitzenmusikerinnen. Und Chuck Norris.

Aber beginnen wir von vorn. Introvertiert bedeutet «nach innen gewandt», extrovertiert «nach aussen gewandt». Dieser Unterschied ist so wichtig wie die Frage, ob wir männlich oder weiblich sind und lässt sich neurophysiologisch gut nachweisen. Diese Übersicht zeigt die wichtigsten Auswirkungen auf einen Blick.

Womöglich haben Sie sich in der linken und in der rechten Spalte wiedergefunden. Das ist völlig normal: Sie können in einem Teil Ihres Hirns intro-, in einem anderen Teil extrovertiert sein. Wenn Sie wissen wollen, wie genau Ihre Verteilung aussieht, dann machen Sie einfach diesen Test: www.intros-extros.com/intros-und-extros/online-test

Leise Stärken

Es gibt zehn starke Seiten, die leise Menschen mit ihren neuronalen Eigenschaften besonders oft haben:

  • Vorsicht: Risiken wahrnehmen und abwägen
  • Konzentration: Bei einer Sache bleiben können
  • Substanz: Bedeutung, Tiefe oder Qualität im Denken und Kommunizieren anstreben
  • Zuhören: Informationen sammeln und verarbeiten und aus ihnen Rückschlüsse ziehen
  • Ruhe: Konzentration, Entspanntheit und Klarheit suchen, unbeeindruckt von Stimulation 
  • Unabhängigkeit: Selbstständig nach eigenen Prinzipien leben, allein sein; anderen Autonomie zugestehen
  • Analytisches Denken: Zusammenhänge wahrnehmen, Kompliziertes strukturieren, systematisch planen
  • Schreiben: Lieber und leichter schriftlich als mündlich kommunizieren
  • Beharrlichkeit: Kraft nach innen, geduldig und über längere Zeit hinweg einer Sache nachgehen
  • Einfühlungsvermögen: Sich in andere hineinversetzen, Gemeinsamkeiten in den Vordergrund stellen

Spannend wird es, wenn Sie weiterfragen: Wie genau kann ich in diese leisen Schätze investieren? Wie helfen sie mir in einer oft ziemlich anstrengenden Welt? Und beim Netzwerken?

Digitales Netzwerken: leises Eldorado

Ganz egal ob Intro oder Extro: Wir alle leben in Netzen von Beziehungen, privat wie beruflich. Wir alle schätzen Vertrauen und die Geborgenheit des Miteinanders. Intros bekommen aber, anders als die meisten Extros, keine zusätzliche Energie aus dem direkten Austausch mit vielen Menschen. Deshalb lohnt die Frage: Wie nehme ich so Kontakt mit anderen auf, dass es für mich artgerecht ist? Und ich mich nicht verausgabe oder Lebensqualität hergebe? 

Das digitale Netzwerken ist eine der Antworten. Begegnungen in den Weiten von Social Media können den persönlichen Kontakt zwar nicht ersetzen. Sie können aber sehr entlasten und Dinge ermöglichen, die uns Intros sonst anstrengen, langweilen oder abschrecken.

Hier vier digitale Strategien, die sich für Intros besonders bewährt haben.

Strategie 1: Ziele setzen und Identität klären, dann vorsichtig anfangen

Bei einer zielorientierten Planung kommen Ihnen Ihre leisen Stärken zugute: z. B. Ihre analytischen Fähigkeiten, das Streben nach 

dem Wesentlichen und Ihre Fähigkeit zur Konzentration. Welche Ziele wollen Sie über den Kontakt mit anderen erreichen? Fragen Sie weiter: Sind es private Ziele (wie z. B. Entlastung, persönliche Entwicklung, gemeinsame Impulse) oder berufliche Ziele (kollegiale Kontakte, Informationsaustausch, Weiterbildung)? Jetzt haben Sie etwas Greifbares, können die passenden Plattformen aussuchen und Ihr Profil Ihren Zielen entsprechend gestalten. 

Machen Sie es sich erst einmal leicht: Frischen Sie online Kontakte zu Menschen auf, die Sie schon kennen, die Sie sympathisch finden, die Sie gern sehen und die Ihnen bei Ihren Zielen gute Begleiter sein könnten. Das ist nicht berechnend. Platz für überraschende Begegnungen bleibt immer.

Überprüfen Sie jedes Jahr, wie weit Sie mit Ihren grossen Zielen gekommen sind. Hier lohnt sich leise Beharrlichkeit: Viele Extros wollen nicht hören, dass eine Verbindung – ja, auch eine digitale – Monate oder sogar Jahre braucht, um tragfähig und vertrauensvoll zu sein.

Strategie 2: Nutzen stiften

Haben Sie Menschen in Ihrem Bekanntenkreis, von denen Sie glauben, dass sie sich etwas zu sagen haben und voneinander profitieren könnten? Dann bringen Sie sie auf leise Art in Verbindung. Schaffen Sie ausserdem Sichtbarkeit: Kommunizieren Sie in den sozialen Medien und im Gespräch, wenn einer Ihrer Kontakte etwas Interessantes veröffentlicht oder erreicht hat – sei es ein Buch, ein Interview oder eine Auszeichnung. Feiern Sie mit Likes und Kommentaren. So machen Sie Ihre Bekannten bekannter. Mit positiven Hinweisen auf andere und durch aktives Vorstellen treten auch Sie selbst positiv in Erscheinung: Sie schaffen für die Beteiligten einen Nutzen und werden selbst sichtbar als jemand, der anderen Gutes gönnt und ihnen hilft. 

Wenn Sie umgekehrt eine bestimmte Person kennenlernen wollen, können Sie einen Kontakt bitten, Sie miteinander bekannt zu machen. Es gibt erstaunlich viele nette Menschen, die uns gern und grosszügig mit Kontaktanbahnungen und Hilfestellungen unterstützen, darunter viele sehr erfolgreiche Menschen. Ich bin sowieso fest davon überzeugt, dass es da einen Zusammenhang gibt.

Strategie 3: Smalltalk in die Tonne hauen

Es ist die Qualität des Austauschs, die nachhaltige Verbindungen schafft. Niemand zwingt Sie zu Smalltalk, wenn Sie ihn nicht mögen. Und im Netz führt er meistens ohnehin nicht weit. Fragen Sie sich: Was interessiert mich an meinem Gegenüber und seinem oder ihrem Profil? Ein Beispiel: Mich interessiert an einer Kollegin, dass sie mit ihrem neuen Buch viele Leute provoziert. Dann frage ich (in einer persönlichen Nachricht, versteht sich): «Wie geht es Ihnen mit diesen Reaktionen?» Meistens ergibt sich dann ein Austausch, von dem wir beide etwas haben. Eine weitere Frage: Wie kann ich helfen? Beispiel: Für eine Kollegin in Not eine Spendenaktion auf einer Crowdfunding-Site starten.

Strategie 4: Beständigkeit, Schreiben, Übersicht

Als Intro sind Sie wahrscheinlich kein Kontakthamster, der sich über die Zahl der Kontakte definiert. Gute Kontaktpflege lebt von der leisen Stärke der Beharrlichkeit und Stetigkeit. Bauen Sie Ihre Kontakte geduldig auf. Es lohnt sich, Buch zu führen und in Ihre Kontaktlisten zu sehen: Mit wem wollen Sie sich mehr austauschen? Wen und was finden Sie interessant? Welche Informationen über Ihre Gesprächspartner wollen Sie festhalten? Schicken Sie wichtigen Menschen ab und zu ruhig auch eine schöne handgeschriebene Karte. Ja, die ist vielleicht retro und voll analog. Aber wegen ihrer Seltenheit ein richtiges Geschenk. Vielleicht zum Neujahr oder zum Geburtstag?

Eine Unterteilung hilft analytischen Intros, die Orientierung zu behalten. Es gibt einen «inneren Kreis» an guten Freunden, mit denen ich ohnehin im Austausch stehe. Um diesen Kreis herum gibt es eine Gruppe von Menschen, mit denen mich gegenseitige Sympathie und Hilfsbereitschaft verbindet. Ich nenne sie Unterstützer. Ganz aussen sind die (ziemlich vielen) Menschen, die ich treffe oder die mich kontaktieren, mit denen mich aber wenig verbindet. Wenn ich das ändern will und gern in Verbindung bleiben will, nehme ich sie in einer dritten Liste auf. Viele Menschen, die ich miteinander in Verbindung gebracht habe, haben von diesen Listen profitiert: Sie inspirieren zum «Verkuppeln».

Jetzt aber, lieber leiser Mensch, sind Sie an der Reihe. Nutzen Sie die digitalen Möglichkeiten auf Ihre persönliche Weise. Meine guten Wünsche auf Ihrem leisen Weg begleiten Sie.

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