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Unternehmen neu gedacht  

Digitales und analoges Ich im Einklang

Netter Zeitvertreib oder heillose Zeitverschwendung? Führt Social Media zur Isolation oder ist es eine wunderbare Möglichkeit, sich mit Freunden oder gar Geschäftspartnern zu vernetzen und daraus einen Nutzen für das «wahre Leben» zu ziehen? Entgegen Ihrer Vermutung ist dies keine rhetorische Frage. Entscheidend ist jedoch, welches Netzwerk Sie nutzen. Und vor allem, wie Sie es nutzen.

Fake-News, Fake-Profile, Fake-Nachrichten. Nicht erst seit dem Cambridge-Analytica-Skandal, bei dem ungefragt Persönlichkeitsprofile von 87 Millionen Facebook-Nutzern erstellt und zur Unterstützung von Donald Trumps Wahlkampf genutzt wurden, sind soziale Netzwerke in Verruf geraten. Datenlecks und ein fragwürdiger Umgang mit Nutzerdaten schüren schon lange das Misstrauen vieler Bürgerinnen und Bürger. Trotzdem wachsen soziale Netzwerke rasant weiter. Facebook verzeichnet mittlerweile weltweit 2,7 Milliarden Nutzer und auf LinkedIn sind über 645 Millionen Menschen miteinander vernetzt, um nur zwei Beispiele zu nennen. 

In Sachen Social Media bildet die Schweiz selbstverständlich keine Ausnahme. Auch hier sind rund 4,4 Millionen Menschen in den verschiedenen sozialen Netzwerken unterwegs und verbringen dort sehr viel Zeit. Gemäss einer Studie der Marketingagentur «xeit» ist über die Hälfte der Schweizer Nutzer täglich eine Stunde online und die sogenannten «Heavy Users» gar über vier Stunden pro Tag. 

Des Beobachters Frust

Wenn Sie ausschliesslich als sogenannter «Lurker» unterwegs sind und nur beobachten, was andere tun, empfehle ich Ihnen, Ihre wertvolle Lebenszeit mit genussreicheren Tätigkeiten zu versüssen. Der Mehrwert von Social Media dürfte sich für Lurker in engen Grenzen halten. Ohne Aktivität bleiben auch die «Likes» aus, die digitalen Streicheleinheiten, wodurch Sie sich nicht einmal einem veritablen Dopamin-Rausch hingeben können. Im Gegenteil. Zahlreiche Studien belegen, dass das Beobachten des vermeintlich perfekten Lebens «der anderen» das eigene Frustrationslevel steigen lässt und in Depressionen münden kann. 

Aktivität bringt Nutzen

Wenn Sie tatsächlich einen Nutzen aus sozialen Netzwerken ziehen möchten, dann müssen Sie aktiv werden. Stellt sich nur noch die Frage: auf welchem Netzwerk? Wenn Sie berufstätig sind und sich gerne mit Kolleginnen und Kollegen sowie Geschäftspartnern digital vernetzen möchten, dann bietet sich primär LinkedIn an; insbesondere, wenn Sie auch internationale Kontakte knüpfen und pflegen möchten.

LinkedIn hat sich mittlerweile als grösstes berufliches Netzwerk etabliert und verzeichnet weltweit über 645 Millionen Nutzer. 89 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz sind bereits auf Social Media aktiv – die meisten davon bewegen sich auch auf LinkedIn. Ich habe zahlreiche Kontakte geknüpft, mein Business-Netzwerk vergrössert, spannende Inputs erhalten und insgesamt mein eigenes digitales Profil geschärft. Eingestiegen bin ich erst 2017.

In seinen Anfängen war LinkedIn kein besonders spannender Ort und erinnerte eher an eine Ansammlung von Online-Lebensläufen. Spannend war indessen der Umstand, dass jemand gut ein Jahr nach dem Platzen der Dot-Com-Blase wieder bereit war, gutes Geld in den Aufbau eines Online-Business-Netzwerks zu investieren. Und das in einer Zeit, als es noch als unternehmerischer Selbstmord galt, seine Business-Kontakte jedem offenzulegen und sich derart zu exponieren. 18 Jahre später wird das kaum noch infrage gestellt. Im Gegenteil: Wer sich heute im Geschäftsumfeld richtig vernetzen möchte, tut gut daran, auch im virtuellen Raum sichtbar zu sein. 

Es ist gar nicht so schwierig

Eine überzeugende digitale Präsenz und ein versierter Umgang mit sozialen Medien sind gar nicht so schwierig, wie oft suggeriert wird. Für eine solide Basis reicht das Beachten von drei Grundsätzen. Wir könnten sie die «Triple-­A-Regel» nennen. Klingt bescheuert, lässt sich aber gut merken. Die Triple-A steht für: aktuell, aktiv und authentisch. 

Aktuell bedeutet, dass das eigene Social-Media-Profil nicht wie ein verstaubter Dachstock aussehen sollte. Wer ein Profil hat, soll dieses auch pflegen. Aktuelles Foto, aktuelle Infos und aktuelle News. Weil LinkedIn ein Karrierenetzwerk ist und als grösste Jobbörse der Welt bezeichnet wird, stellt sich die Frage, ob das Hochladen eines Fotos überhaupt adäquat ist. Während es im angelsächsischen Raum geradezu verpönt ist, den eigenen Bewerbungsunterlagen ein Foto beizufügen, ist es auf LinkedIn quasi ein Muss. Profile mit Fotos erhalten 14-mal mehr Profilbesuche und 36-mal mehr Nachrichten.

Wer erfolgreich Leads generieren möchte, sollte auf LinkedIn aktiv werden und gleichzeitig darauf achten, dass die eigenen Beiträge eine gewisse Relevanz für das Netzwerk haben. Dies wiederum wird mit einem grösseren Engagement der anderen Nutzer belohnt, was die Reichweite des eigenen Profils und der eigenen Beiträge nochmals deutlich erhöht. Nur wenn das eigene digitale und analoge Ich im Einklang sind, entfaltet sich die maximale Wirkung der digitalen Präsenz.

Sei echt, hier wie dort!

Die dritte und gleichzeitig wichtigste Regel lautet: Ehrlichkeit und Authentizität zahlen sich aus. Spätestens beim ersten echten Business-Meeting mit einer Person, die man über LinkedIn kennengelernt hat, wird das deutlich. Nur wenn das eigene digitale und analoge Ich im Einklang sind, entfaltet sich die maximale Wirkung der digitalen Präsenz. Lassen Sie mich dies verdeutlichen.

Vielleicht sind Sie Anfang 2020, noch bevor die Corona-Pandemie unser Leben auf den Kopf gestellt hat, auch auf die #DollyPartonChallenge aufmerksam geworden. Die 74-jährige Country-Sängerin Dolly Parton postete auf Instagram ein Meme*, das sie in vier Variationen zeigt. Einmal, wie sie sich auf LinkedIn präsentiert, daneben die Facebook-Version, darunter die Instagram- und die Tinder-Dolly-Parton. Unter dem Bild schrieb sie selbstironisch: Get you a woman who can do it all.

Zahlreiche prominente und weniger prominente Personen kreierten daraufhin ihre eigene Version dieser Collage und lösten einen regelrechten Hype aus. Der ursprüngliche Beitrag von Dolly Parton verzeichnet mittlerweile über 1,2 Millionen Likes. Als Challenge war er eigentlich gar nie gedacht. Der Hashtag dazu wurde erst danach von Nachahmern erfunden. 

Wollen wir uns selber sein?

Dass so viele Menschen an dieser Challenge teilnehmen und ihre eigene Version davon erstellen möchten, ist jedoch insofern absurd, als uns dieses feministische und gesellschaftskritische Meme von Parton den Spiegel vorhält und uns vor Augen führt, dass wir im Netz gar nicht mehr wir selbst sein können. Vielleicht auch nicht wir selbst sein wollen. Ich plädiere jedoch dafür, dass wir es dringend sein sollten. Alles andere führt zu falschen Erwartungen und enttäuschten Gesichtern. Daraus ziehen Sie keinen Profit.

Wenn ich Authentizität proklamiere, dann heisst das nicht, dass wir uns eingrenzen oder einschränken müssen. Jeder soll das Recht haben, sich selbst neu zu erfinden, sich weiterzuentwickeln und durchzustarten. Nur soll das nicht bloss im Online-Profil geschehen, sondern auch im analogen Leben. Das digitale Profil soll dieses Leben reflektieren und die Lichtstreuung vervielfachen. Nichts Geringeres als das. Aber auch nicht mehr. Oder kurz gesagt: Wer sich als Experte profiliert, sollte auch Experte sein. Das digitale und analoge Ich im Einklang. Dann klappt es auch mit dem Netzwerken. 

* Ein Meme ist eine kleine Informationseinheit aus Video oder Bild und Text, die ansteckend wirkt und weiterverbreitet wird. Memes beziehen sich meist auf aktuelle Ereignisse oder beliebte Serien und Filme und verbreiten sich rasend schnell viral im Netz. Kurz: Memes sind der Insider-Witz der Netzgemeinde.

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