Skip to main content
Unternehmen neu gedacht  

Freimaurer oder das Dan-Brown-Syndrom

Das Wichtigste vorweg: Es stimmt nicht, was häufig über die Freimaurerei kolportiert wird. Mit den Geheimbünden in den Thrillern von Dan Brown über die Illuminati und den Da Vinci Code haben sie nichts gemeinsam. Sie regieren die Welt nicht aus dem Untergrund und ziehen nicht die globalen Finanzfäden. Business ist auch nicht ihr Ding. Aber was tun sie dann? Ein kurzer Einblick in die 1811 gegründete Freimaurerloge «Zur Brudertreue» in Aarau. 

Alleine die Tatsache, dass der Schreibende seine Informationen der ausführlichen – und notabene frei zugänglichen – Website entnehmen und mit einem der rund 80 Brüder ein ganz lockeres Gespräch führen kann, zeugt von Offenheit und dem Bemühen, Falschinformationen vorzubeugen. Zahlreiche Radio-, TV- und Zeitungsberichte hat es in den letzten Jahren gegeben, die ebenfalls Einblick in die Aktivitäten und sogar Räume der Freimaurer gewähren. Dennoch wird unter anderem Verschwiegenheit als Tugend gepflegt. Ein Mitglied wird beispielsweise keine Namen nennen oder Interna ausplaudern, um die Privatsphäre seiner Brüder zu schützen. Das macht schliesslich ein Arzt, ein Treuhänder oder ein Jurist auch nicht. 

Die Arbeit an sich selber 

Die fünf Grundideale der Freimaurerei sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. Auf der Website www.brudertreue.ch steht: «Wir Freimaurer sind überzeugt, dass nur die Arbeit an uns selbst die Gesellschaft vorwärtsbringt und sie positiv beeinflusst. Wir versuchen, die Prinzipien der Toleranz, des gegenseitigen Respekts und der gegenseitigen Achtung sowie der Menschenliebe einzuhalten. Dabei erfahren auch wir täglich, wie schwierig es ist, diesen hohen Idealen nachzuleben. Wir sind keine besseren Menschen, möchten aber an unseren Schwächen arbeiten und versuchen, Fehler nicht nur beim anderen, sondern bei uns selber zu suchen.» Die Freimaurer sehen sich als ethisch-philosophische Gesellschaft und setzen sich «entschieden für Legalität und gegen Illegalität ein» (Wikipedia). Herkunft, Beruf, sozialer Status, Religion oder die politische Gesinnung spielen bei der Aufnahme keine Rolle.

Die Loge ist ein intellektuelles Tummelfeld, kennt aber ganz klare Tabuthemen. In einem Artikel der Aargauer Zeitung vom 10. Mai 2019 wird Steven Decoster, «zugeordneter Meister vom Stuhl» (Vizepräsident), zitiert: «Es ist ausgeschlossen, dass die Loge aktiv zu politischen Fragen Stellung nimmt und zum Beispiel eine Wahlempfehlung für einen Regierungsrat abgibt.» Verpönt ist auch die Geschäftemacherei unter Brüdern: «Wenn wir bei einem Kandidaten merken, dass seine Motivation darin liegt, sich durch eine Aufnahme Vorteile im Beruf zu verschaffen, wird er abgewiesen.» 

Jean-Pierre Grob ist Mitglieder der ­Freimaurerloge «Zur Brudertreue» in Aarau und war Gesprächspartner der Redaktion.

Der raue Stein

Die Freimaurer gehen auf die spätmittelalterlichen Bauhütten im England des 17. Jahrhunderts zurück, die zunehmend externe Mitglieder, d.h. Geistliche, Adelige, Gelehrte, Handwerker und andere Bürger aufnahmen und die Aufklärung fördern wollten. Seither steht, sinnbildlich für den «rohen» Zustand des «Lehrlings» (neues Mitglied), der raue Stein, der über Jahre behauen und bearbeitet wird. «Die Freimaurerei stellt für diesen Weg Werkzeuge in Form von Gleichnissen, Ritualen und Symbolen bereit. Wie diese genutzt werden, ist jedem Einzelnen überlassen. Daher ist die Freimaurerei als Anleitung zu einer menschlicheren Lebensführung und nicht als Rezept mit Erfolgsgarantie zu betrachten», steht auf der Website der Aarauer Loge weiter. 

Grösser als die Service-Clubs

Juristisch sind Freimaurerlogen in der Schweiz Vereine gemäss Art. 60ff. ZGB. Die Schweizerische Grossloge Alpina (SGLA) ist der Dachverband der knapp 90 Logen und hat ihren juristischen Sitz in Bern. Rund 4000 Freimaurer gibt es in der Schweiz, weltweit rund 6 Millionen. Auch wenn die Freimaurerei gewisse Teilziele erreicht hat (Bildung liberaler Staaten), hat sie an Bedeutung nichts eingebüsst. Die Menschheit befindet sich zur Zeit in einer Krisensituation. Man denke nur an die Kluft zwischen reichen Industrienationen und armen Entwicklungsländern, an «ethnische Säuberungen», das Fehlen von charismatischen Führern etc. Die Zukunft der Menschheit hängt vom respektvollen und uneigennützigen Zusammenleben ab, bei dem nicht nur die Wirtschaft im Vordergrund steht. Dazu braucht es jedoch ethische Wertvorstellungen, die für alle Länder und alle Religionen gelten. Dafür stehen die Freimaurer ein. 

Empfehlenswert: Ein Besuch im Freimaurermuseum Bern, www.freimaurermuseum.ch


Die Schweizer Freimaurer-Elite

Boos, Heinrich 1851–1917
Historiker, Professor an der Universität Basel, Mitglied der Basler Loge «Zur Freundschaft und Beständigkeit».

Borel, Eugène 1835–1892
Schweizer Bundesrat, Mitglied der Loge «La Bonne Harmonie» in Neuenburg.

Druey, Henri 1799–1855
in den ersten Schweizer Bundesrat gewählt, Mitglied der Lausanner Loge «Espérance et Cordialité».

Ducommun, Elie 1833–1906
Friedensnobelpreis 1902, Mitglied der Loge «La Prudence», dann «Zur Hoffnung» (Bern).

Favon, Georges 1848–1902
Journalist, Staatsrat von Genf, Präsident des schweizerischen Nationalrates, Mitglied der Genfer Loge «Fidélité et Prudence».

Frey, Emil 1838–1922
Schweizer Bundesrat, Mitglied der Loge «Zur Brudertreue» in Aarau.

Furrer, Jonas 1805–1861
Jurist, Bürgermeister von Zürich, massgebender Mitarbeiter an der Bundesverfassung, erster Bundespräsident der Schweiz 1848, Mitglied der Winterthurer Loge «Akazia».

Grock, bürgerlich Adrian Wettach 1880–1959
Schweizer Clown von Weltruf, Mitglied einer französischen Loge.

Häberlin, Hermann 1862–1938
Sozialhygieniker, Politiker, Pazifist, Mitglied der Zürcher Loge «Modestia cum Libertate».

Hottinger, Johann Jakob 1783–1860
Historiker, Professor an der Zürcher Universität, Grossrat, Regierungsrat.

Jung, Karl Gustav 1793–1864
Professor für Medizin in Basel, Stuhlmeister der Loge «Zur Freundschaft und Beständigkeit».

Lachenal, Adrien 1849–1918
Schweizer Bundesrat, Mitglied der Genfer Loge «Fidélité et Prudence».

Quartier-La Tente, Edouard 1855–1925
Pfarrer, Staatsrat in Neuenburg, Mitglied der Loge «La Bonne Harmonie».

Ruchet, Marc Emile 1853–1912
Schweizer Bundesrat, Mitglied der Loge «Liberté» in Lausanne.

Ruchonnet, Louis 1834–1893
Schweizer Bundesrat und Bundespräsident, Mitglied der Loge «Liberté» in Lausanne.

Zschokke, Heinrich 1771–1848
Volksschriftsteller, Politiker, Seminardirektor, Mitbegründer der Loge «Wilhelm Tell» (heute «Zur Brudertreue») in Aarau.

Quelle: freimaurerei.ch/beruhmte-freimaurer

Diesen Artikel teilen