Vertrauen ist…

Fünf Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft beantworten unsere Fragen zum Thema Vertrauen. Klipp und klar.

Johann Schneider-Ammann
Alt-Bundesrat
Unternehmer
Vertrauen ist …
«… zu wissen, dass hinter dem Rücken nichts Unerwünschtes geschieht.»
Was bedeutet für Sie Vertrauen?
Die vorbehaltlose Gewissheit, dass bei abgewandtem Rücken nur getan, aber auch gelassen wird, was man selber auch tun oder lassen würde. Vertrauen ist wie eine Schwangerschaft: Man ist nicht nur ein bisschen schwanger! Ohne Vertrauen geht gar nichts. Blindes Vertrauen gibt es bis auf wenige Ausnahmen kaum. Denn es gilt immer auch «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser».
Warum können Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihnen vertrauen?
Weil für mich Transparenz gilt und ich das Prinzip «walk the talk» lebe.
Wie sorgen Sie dafür, dass im Team eine Vertrauenskultur herrscht?
Man darf Fehler machen und muss dann allerdings dazu stehen. Das bedeutet auch, dass man sie offen zugeben muss. Wichtig ist auch, dass alle im Team mit der gleichen Elle gemessen und gleich behandelt werden.
Was tun Sie, damit man Ihnen vertraut?
Ich erfülle nach bestem Wissen und Gewissen meine Aufgaben und bin jederzeit und zu jedem Thema diskussionsbereit.
Welche Voraussetzungen muss jemand erfüllen, damit Sie ihr oder ihm vertrauen?
Transparenz, Offenheit, Stetigkeit, Teamfähigkeit und Bereitschaft, die volle Verantwortung für sein Tun und Lassen zu übernehmen.
Wem vertrauen Sie blind?
Meiner Frau.

Nicoletta della Valle
Direktorin Bundesamt
für Polizei fedpol, Bern
Vertrauen ist …
«… wenn man Fehler als Chance zur Verbesserung nutzen darf.»
Wie wichtig ist Vertrauen in Ihrer Funktion/Position?
Die Polizeizusammenarbeit lebt von Vertrauen. Die Polizeien des Bundes, der Kantone und anderer Länder bearbeiten sensible Daten. Nur mit gegenseitigem Vertrauen ist eine Zusammenarbeit möglich. fedpol hat die Grösse einer mittleren KMU. Ich kann und muss nicht alles wissen. Ich muss jedoch auf die Fähigkeiten meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertrauen.
Warum können Ihre MitarbeiterInnen Ihnen vertrauen?
Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, dass ich meine Verantwortung als Chefin wahrnehme und sie nicht im Regen stehen lasse. Wenn Fehler passieren, wird das intern aufgearbeitet; aber gegen aussen trage ich die Verantwortung. Ich schiebe sie nicht nach unten.
Wie sorgen Sie dafür, dass im Team eine Vertrauenskultur herrscht?
Indem ich von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwarte, dass sie Verantwortung übernehmen. Das können sie nur, wenn ich ihnen Freiraum lasse. Das heisst aber nicht, dass sie machen können, was sie wollen oder worauf sie gerade Lust haben. Das bedeutet, dass sie unsere Strategie, unsere Missionen, ihren Auftrag und ihre Rolle kennen. Innerhalb dieser Leitplanken sollen sie eigenverantwortlich handeln. Das bedeutet auch, dass man Fehler machen kann. Entscheidend ist, wie man mit Fehlern umgeht: Lege ich sie offen, bin ich bereit, daraus zu lernen und mich zu verbessern?
Wie wichtig ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in Ihre Institution?
Als Polizeibehörde des Bundes handeln wir, gestützt auf unsere Rechtsgrundlagen, im Auftrag der Politik, also Regierung und Parlament, und der Öffentlichkeit. Diese hat hohe Erwartungen an uns. Das Vertrauen erarbeiten wir uns durch engagierten Einsatz, gute Resultate, vorbildliches Verhalten und transparente Arbeitsweise. Das Vertrauen muss in «ruhigen» Zeiten erarbeitet werden. In der Krise sind wir dann darauf angewiesen.
Was tun Sie, damit man Ihnen vertraut?
Mein Motto ist «walk the talk». Ich mache, was ich sage. Auf mich kann man sich verlassen. Und ich kommuniziere direkt und klar. Bei mir weiss man immer, woran man ist. Ich stehe zu meinen Fehlern, ich lerne daraus. Jeden Tag sag ich mir: «Was kann ich tun, um besser zu sein?»

Claudine Esseiva
Partnerin bei furrerhugi, Bern
Präsidentin BPW Switzerland
FDP-Stadträtin von Bern
Vertrauen ist …
«… der Grundstein für ein freies, selbstbestimmtes und mutiges Leben.»
Wie wichtig ist Vertrauen in Ihrer Position?
Vertrauen ist das A und O in einem Team. Das Wissen, dass wir alle am gleichen Strick ziehen, einander unterstützen und füreinander einstehen, sind Grundsätze, die jedes funktionierende Team mit sich bringen sollte. Wir leben in einer Arbeitswelt, die sich rasch verändert, und man ist mit hohem Tempo unterwegs. Menschen um mich zu wissen, die mich mittragen, mitdenken und unterstützen – das ist für mich zentral.
Warum können Ihre MitarbeiterInnen Ihnen vertrauen?
Weil ich ihnen vertraue, ihnen Raum gebe, damit sie ihre Talente frei entfalten können, nicht wirklich straffe Hierarchien bestehen, jede und jeder sich auf Augenhöhe einbringt und ich ihnen wie auch mir zugestehe, dass Fehler passieren dürfen.
Wie sorgen Sie dafür, dass im Team eine Vertrauenskultur herrscht?
Ein Team muss zusammenwachsen und auch mal Zeit ausserhalb des Büros miteinander verbringen. Ein Team muss gemeinsam lachen können und auch mal streiten dürfen. Ein Beweis für das Vertrauen sind schwierige Situationen: Wenn die Mitarbeitenden dann merken, dass man ohne Wenn und Aber hinter ihnen steht, dann sehen auch sie, was es heisst, einander zu vertrauen. Und in diesen Situationen zeigt sich auch klar, wenn ein Team nicht funktioniert.
Welche Voraussetzungen muss jemand erfüllen, damit Sie ihr oder ihm vertrauen?
Loyalität, Interesse an der Arbeit und dem Team, Empathie und Ehrlichkeit sind die Grundwerte, damit ich Vertrauen schenken kann.
Wem vertrauen Sie blind?
Meiner Familie, meinem Mann. Für mich kommt die Familie an erster Stelle. Das sind die Menschen, die mich am besten kennen, die schonungslos ehrlich zu mir sind und – egal, was passiert – hinter mir stehen und mir den Rücken stärken.

Corrado Pardini
Mitglied GL Unia
Präsident Gewerkschaftsbund Kt. Bern
Alt-Nationalrat SP
Vertrauen ist …
«… wenn man sich in die Augen schauen kann. Vertrauen ist eine Mischung von gewachsener Glaubwürdigkeit, Transparenz, Kontinuität und gemeinsamen Zielen.»
Wie wichtig ist Vertrauen in Ihrer Funktion/Position?
Vertrauen ist zentral. Mitarbeitende und unsere Mitglieder müssen wissen, dass ich genau weiss, was ich tue. Besonders in kritischen Situationen. Ich bin ihnen gegenüber verantwortlich.
Warum können Ihre MitarbeiterInnen Ihnen vertrauen?
Weil ich sie höre, ihnen also meinerseits vertraue. Weil ich so transparent agiere, dass sie immer im Bild sind, wie die Dinge stehen. Und weil Strategiewechsel nicht befohlen, sondern gemeinsam erarbeitet werden. Fordern kann ich ihr Engagement nur, wenn ich sie fördere und ihnen Raum zur Entfaltung lasse.
Wie sorgen Sie dafür, dass im Team eine Vertrauenskultur herrscht?
Wir überprüfen im offenen Gespräch regelmässig, ob das, was wir tun, dem Sinn unserer Arbeit entspricht und ob wir gut unterwegs sind. Dabei gilt das Wort von jedem und jeder. In meinem Team ist kein Platz für Clans. Gibt es Friktionen, müssen sie sofort auf den Tisch. Und besonders wichtig: Wir feiern unsere Erfolge, auch die kleineren.
Welche Voraussetzungen muss jemand erfüllen, damit Sie ihr oder ihm vertrauen?
Grundsätzlich schenke ich Vertrauen, weil es für mich die Grundlage einer menschlich guten Zusammenarbeit ist. Dauerhaft bestätigt sich Vertrauen, wenn jemand über eine gewisse Zeit verlässlich handelt. Das schliesst Widerrede, Kritik, Mitdenken, Vorschläge mit ein. Mein grösstes Vertrauen haben Menschen, die mich mit Entschiedenheit vor Fehlern oder Dummheiten warnen. Menschen hingegen, die autoritär strukturiert sind und Unterwürfigkeit für eine Qualität halten, begegne ich mit Misstrauen. Das passiert bei mir ganz automatisch.
Wem vertrauen Sie blind?
Meiner Partnerin.

Suzanne Thoma
CEO BKW AG, Bern
Vertrauen ist …
«… eine Grundhaltung. Dazu gehört, Veränderungen immer als Chance zu sehen.»
Wie wichtig ist Vertrauen in Ihrer Funktion/Position?
In meiner Funktion als CEO der BKW ist es wichtig, ein positives Grundvertrauen in mir zu tragen. Wir haben gerade einige Krisenjahre durchlebt und einen fundamentalen Wandel vom reinen Energieunternehmen zur umfassenden Dienstleisterin hinter uns. So heisst Vertrauen auch, darauf zu vertrauen, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist.
Warum können Ihre MitarbeiterInnen Ihnen vertrauen?
Vertrauen ist etwas, was einem nur zum Teil geschenkt wird. Es muss immer wieder gewonnen werden. Das gilt sowohl für mich als auch für meine Kolleginnen und Kollegen. Werte leiten uns dabei, wie wir die Zusammenarbeit miteinander gestalten, und wir orientieren uns an ihnen. So entsteht Vertrauen.
Wie sorgen Sie dafür, dass im Team eine Vertrauenskultur herrscht?
Das eine sind die Ergebnisse, das andere ist der Weg dorthin. Ich bin in meiner Rolle als CEO verantwortlich, mit gutem Beispiel voranzugehen und die richtige Richtung samt Zielen vorzugeben. Gleichzeitig bin ich aber auch gefordert, diese gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen zu erreichen und bei der Umsetzung mitzuhelfen.
Wie wichtig ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in Ihre Institution?
Primär ist es uns wichtig, dass unsere Kundinnen und Kunden uns vertrauen und unsere Leistungen schätzen. Weiter sind wir ein börsenkotiertes Unternehmen. Investoren und Aktionäre müssen an uns glauben und unseren Kurs mittragen, was sich letztendlich auch in unserem Aktienkurs widerspiegelt. Wenn man dann noch von der Öffentlichkeit getragen ist, hat man eine hervorragende Ausgangssituation.
Was tun Sie, damit man Ihnen vertraut?
Die Wahrnehmung bei den Aktionären, Mitarbeitenden und Partnern können wir mit guter Arbeit, unserem seriösen und sympathischen Auftreten sowie verantwortungsvollem Handeln beeinflussen. Was wir versprechen, halten wir. Das beste Beispiel dafür sind die guten Resultate des Unternehmens oder die Einhaltung des Abschalttermins des Kernkraftwerkes Mühleberg. Unsere Ambition ist es, zu wichtigen gesellschaftlichen Lösungen beizutragen. Konkret: Lösungen für eine lebenswerte Zukunft zu bieten.